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Al Capones geheimes Hinterzimmer

Es war ein kalter, windiger Oktobertag in Uptown Chicago des Jahres 1929. Der Geruch von Pulver kitzelte meine Nase und ich hatte Muffensausen. Mir war nicht klar, ob ich die Nacht überleben würde. Worauf hatte ich mich da nur wieder eingelassen? Mein Boss bei der „Tribune“ wollte, dass ich einen Artikel über Al Capones neuem mobilem Flüster-Club schreibe und dazu auch möglichst ein paar kompromittierende Fotos liefere. Er hatte mir dafür extra eine neumodische 35 mm Kleinbildkamera von Leica in die Hand gerückt. „Lou, du willst doch eine Anstellung als Kriminalreporter, dann erledige den Job.“

Ich Idiot hatte mich auch noch drauf eingelassen, wohl wissend, dass die Nacht für mich mit einer Beton-Manschette um meine Füße im Michigansee endet, wenn Capones Leute mich mit der Kamera erwischen.

„Mit einem guten Wort und einer Waffe kommt man weiter als mit einem guten Wort allein.“ Al Capone.

Seit dem Massaker am Valentinstag war Alphonse Gabriel „Al“ Capone, den man wegen seiner Narbe im Gesicht auch Scarface nannte, der unangefochtene King der Chicagoer Mobster. Alle wussten, dass Capone hinter den Morden steckte, doch der hatte ein perfektes Alibi, sonnte sich am Tag des Massakers in Florida. Vermutlich hatte sein Handlanger Jack „Machine Gun“ McGurn die sieben Mitglieder North Side Gang abgeknallt. Doch es gab keine Beweise, alle Zeugen hatten das Zeitliche gesegnet.

Al war nun auch eine große Nummer im landesweiten Syndikat. In Chicago hatte er sie alle in der Tasche: Politiker, Richter, Banker, die Coppers, sogar den Bischof. Und das gemeine Volk liebte seine Auftritte. Capone hatte ohne Zweifel einen gewissen Unterhaltungswert. Er hielt sich für unantastbar. Fast. Wären da nicht Eliot Ness und seine Unbestechlichen gewesen. Ein kleiner Finanzbeamter und Prohibitionsagent, der den Job in Chicago nur durch die Beziehungen seines Schwagers bekommen hatte, machte Al das Leben schwer.

Ness und seine Truppe hatten schon mehrfach Razzien in Al Capones legendärer Flüsterkneipe dem “Green Mill Club” durchgezogen. Bisher mit wenig Erfolg. Sein geheimes Hinterzimmer hatten sie bisher nicht entdeckt. Doch die Gäste blieben aus. Die High Society mochte es nicht, bei ihren Vergnügungen von Ness und den Coppers abgeführt zu werden. Eliot Ness war lästig, wie eine Scheißhausfliege. „Machine Guns“ Versuch, ihn auszuknipsen, war leider danebengegangen. Al musste jetzt erst mal die Füße stillhalten, ein zweiter Anschlag kam momentan nicht infrage.

Doch Al Capone war clever. Ein Wanderzirkus hatte ihn dazu inspiriert, einen mobilen Club zu eröffnen. Eine Flüsterkneipe mit Spielcasino. Ein Club, der jedes Mal an einem anderen Ort seine Pforten für ein handverlesenes Publikum öffnete. Und nur, wer das Codewort kannte, wurde eingelassen. Bis Eliot Ness und seine Busters das schnallten, war der Club schon wieder weitergezogen.

Diesmal hatte Al sein „geheimes Hinterzimmer“ in einer Kirche eingerichtet. Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Ein Speakeasy in einer Kirche, das hatte es sicher während der gesamten Prohibition noch nicht gegeben. Aber, wie gesagt, Al hatte ja auch den Bischof in der Tasche. Lizzy, ein Revuegirl, das ich gut kannte und das als Bauchladengirl in Capones Club Havannas vertickte, hatte mir eine Einladung besorgt.

Klopf, klopf! Die schwere Kirchentür wurde einen Spalt breit geöffnet. Ein riesiger, muskelbepackter Kerl erschien in dem Spalt. Seine flüsternde, dunkle Stimme erzeugte bei mir sofort eine Gänsehaut: „Heute probt der Knabenchor, geschlossene Gesellschaft.“
Ich reichte dem Riesen meine Einladung und sagte das Codewort: „Monsignore Camillo schickt mich.“

Der Riese im Smoking sah mich skeptisch an, trat dann ein Stück zur Seite und signalisierte mir mit einem Kopfnicken, dass ich eintreten könne. Ich überschritt die Schwelle und betrat eine Welt des Glamours und des Verbrechens. Das Innere des mobilen Clubs war reich verziert mit aufwendigen Samtvorhängen und eleganten Art-Deco-Möbeln. Der Rauch von Zigarren hing in der Luft, während das leise Murmeln der Gäste und das Klappern von Gläsern die Stimmung bestimmten.

Manhattan Club Cocktails flossen in Strömen

Al Capone saß gerade aus, nah an der Band und mit Blick über beide Ausgänge. Meyer Lansky, der Bankier des organisierten Verbrechens, saß zu seiner rechten Seite. Es war eine einzigartige und faszinierende Atmosphäre, eine Mischung aus Luxus, Verbrechen und Unterhaltung. Die Gäste waren elegant gekleidet, die Herren trugen maßgeschneiderte Anzüge und die Damen schmückten sich mit Kleidern im Flapper-Stil.

Ich erkannte zahlreiche Promis und hohe Tiere aus Politik und Verwaltung. Die Kellner und Kellnerinnen waren aufmerksam und diskret, während sie die Bestellungen aufnahmen und die Gäste mit hochwertigen Getränken versorgten, von illegal gebranntem Alkohol bis hin zu exotischen Cocktails. Es wurden Pokerpartien und Glücksspiele abgehalten.

Trotz der Aura der Kriminalität und des Geheimnisvollen war der mobile Club ein Ort, an dem die Menschen die Sorgen des Alltags vergessen konnten und in eine Welt des Vergnügens und der Extravaganz eintauchten. Lizzy schwebte mit ihrem Zigarren-Bauchladen vorbei und zwinkerte mir zu. Ich suchte mir eine dunkle Nische und versuchte unauffällig die Kamera in Position zu bringen.

Ein kaltes Grab

Kleinste Blende einstellen, lange belichten und die Kamera ruhig halten. Für den Fall einer Durchsuchung hatte ich die Kamera in meine Unterhose gesteckt. Ich wusste, diese Stelle tasteten die homophoben Mobster nie ab. Ich griff also tief in meine Unterhose und erregte damit direkt die Aufmerksamkeit einer eleganten Dame. Die Dame grinste und schritt auf mich zu: „Kann ich dir irgendwie helfen, Süßer?“
„Nein, vielen Dank, ich komme schon klar“, antwortete ich verlegen. „Ah, verstehe, selbst ist der Mann.“ Die Dame schritt erhaben davon.

Angstschweiß tropfte von meiner Stirn. Hab sie! Ich bugsierte die Leica aus meiner Hose und wollte sie gerade einstellen, als sich eine eiserne Kralle auf meine Schulter legte. Jack „Machine Gun“ McGurns stahlharter Griff drohte mein Schlüsselbein zu zerquetschen. „Na, was haben wir denn da, Freundchen?“. Ich war geliefert!

Wird der junge Reporter Lou Grant die Nacht überleben oder auf dem Grund des Michigansees sein kaltes Grab finden? Die Antwort erfahren Sie auf dem Al-Capone-Event am 26. Oktober 2023 in der Kulturkirche Heilig Kreuz.

Weitere Infos: https://kulturkirche-heiligkreuz.de/aktuell/