Neue Kunstaustellung im B12
„Trying to find the one by seeking and hiding“. Eine Ausstellung über das Suchen und Verstecken.
Vernissagen in Bottrop haben ja oft etwas von einem Familientreffen. Man trifft einen Teil der Wahlverwandtschaft, lernt aber auch immer wieder interessante Menschen kennen. Bürgermeisterin Monika Budke hält eine ihrer herzlich formulierten Eröffnungsreden, ein Ritual, das irgendwie dazugehört. Man plaudert hier und da und freut sich, auf Leute zu treffen, die nicht nur ein Gespür für Kunst haben, sondern auch für die Nuancen des Lebens. Man trinkt ein Pülleken Bier, wandert zwanglos durch die Ausstellung und entdeckt en passant den Sinn der Exponate.
„Weißt du, worum es hier geht?“, fragte mich eine Bekannte etwas ratlos, nachdem wir den Ausstellungsraum am Kulturzentrum betreten hatten. „Nein.“ Meine erste Vermutung: Es handelt sich um eine Guerilla-Marketingaktion von „Möbel Beyhoff“. Diese Vermutung verstärkte sich, als ich den gebrauchten „Stressless-Fernsehsessel“ in der hinteren linken Ecke sah. Ich musste mich erst einmal setzen, in ein Ausstellungsstück der aktuellen B12-Kunstausstellung.
„Trying to find the one by seeking and hiding“
Es hat fünf Minuten gedauert, bis mein neuronales Netz das Konzept erfassen konnte. Von da an hatte ich meinen Spaß. Und den werden Sie auch haben, denn Sie können ganz ohne Durchsuchungsbeschluss in fremden Schränken herumschnüffeln und in Schubladen nach Kunstobjekten schauen. Das erinnerte mich spontan an eines meiner Lieblingsbilder von Salvador Dalí: „Der anthropomorphe Kabinettschrank“. Wobei der im B12 präsentierte Wohnzimmerschrank wohl eher dem späten „Gelsenkirchener Barock“ zuzuordnen ist.
Die im Ausstellungsraum von Franziska Harnisch installierte Wohnlandschaft mit ihrem Retrocharme ist nur eine Ablenkung, eine Kulisse für das Versteckspiel der insgesamt 38 Künstlerinnen und Künstler. Kunst drängt sich hier nicht auf; die Besucher müssen diese entdecken und versuchen, die Signale zu deuten, die von den Exponaten ausgehen. Die Nuancen der Kommunikation sind das zentrale Element dieser spannenden und humorvollen Ausstellung, die von Roger Rohrbach liebevoll kuratiert wird.
Rohrbach setzt die Werke der verschiedenen Künstler in einen Zusammenhang. Die individuellen Ausdrucksformen ergänzen einander, da sich die Themenfelder Liebe und Dating sowie Beruf und Professionalität überschneiden und berühren. „Die Kommunikation beim Dating und im Berufsleben ist ähnlich“, erklärt Kurator Rohrbach. Es geht um Andeutungen, Beziehungen und unerfüllte Erwartungen.
Hommage an Ilse Werner
Ich nehme an, dass der Künstler Laris Maas bei seiner Soundinstallation „Wie ich aus dem Wald pfeif“ nicht an die legendäre Schauspielerin und Pfeifkünstlerin Ilse Werner gedacht hat, als er auf einer Tonspur frei improvisierte Melodien gepfiffen hat, die nun im Kulturhof die Besucher erfreuen.
Ich habe an die 2005 verstorbene Schauspielerin gedacht und füge der Installation somit eine weitere Nuance hinzu. Falls Sie sich entschließen, die Ausstellung zu besuchen, was ich Ihnen hier ans Herz legen möchte, dann treten Sie auch mal hinaus in den Innenhof, lauschen der Soundinstallation, pfeifen ein Lied und denken eine Minute an die wunderbare Ilse Werner.
Mir hat die Ausstellung viel Spaß gemacht. Das wird sie Ihnen auch, vorausgesetzt, Sie bleiben offen und verspielt. Also, nicht gleich wieder alles in eine Schublade packen, sondern viele Schubladen öffnen. Und wer weiß, vielleicht finden Sie sogar noch ein Fabergé-Ei ;-)
Die Ausstellung „Trying to find the one by seeking and hiding“ ist donnerstag von 16 bis 19 Uhr, freitags von 16 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr zu sehen und läuft noch bis zum 13. Juli, im B12, Böckenhoffstraße 12a, Eingang Stadtbücherei.
Fotos und Text: Udo Schucker
Ergänzend zu diesem Beitrag, sollten Sie auch meine Story mit dem Titel: „Ein Bett von Beyhoff“ lesen!