Wohnen in der Möglichkeit
Mit Emily Dickinson in der Beyhoff Home Company
Mein Fernsehsessel, lange Zeit ein treuer Gefährte, war nun zu einem knarrenden Zeugnis der verstreichenden Zeit geworden. Seine Polster, einst straff und einladend, waren inzwischen erschlafft wie die Moral eines korrupten Politikers. Mit jedem Tag schien er ein Stück mehr in sich zusammenzusinken, als trüge er nicht nur mein Gewicht, sondern auch die Last der vergangenen Jahre.
In den Monaten der Corona-Krise hatte sich mein Körper verändert, neue Konturen angenommen, die der Sessel jetzt gezwungen war zu akzeptieren. Diese unerwünschten Pfunde, hartnäckig wie Erinnerungen an vergessene Träume, weigerten sich, meinen halbherzigen Versuchen der Verbannung nachzugeben.
Die Wahrheit, so unbequem wie der Sessel selbst, drängte sich in mein Bewusstsein: Sein Ende war gekommen. Alles, was ich ihm noch bieten konnte, war eine letzte Reise, eine Transformation durch Flammen in einer anonymen Müllverbrennungsanlage. Doch zuvor musste ein neuer Fernsehsessel her.
Willkommen bey Freunden
Die Suche nach einem würdigen Nachfolger führte mich ins Möbelgeschäft Beyhoff, wo Reihen von potenziellen Kandidaten darauf warteten, meine Geschichte fortzuführen. Jeder von ihnen ein leeres Blatt, bereit, mit neuen Kapiteln gefüllt zu werden.
Wenn es um die Anschaffung größerer Einrichtungsgegenstände ging, war das Möbelgeschäft Beyhoff seit über 100 Jahren die erste Anlaufstelle in unserer Familie. Meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern hatten bei der Familie Beyhoff wesentliche Teile ihres Mobiliars erworben. Man könnte denken, Beyhoff sei Teil meiner DNA. Nun, zumindest schlafe ich immer noch in einem Bett, das meine Mutter gemeinsam mit meiner Großmutter vor über 50 Jahren bei Beyhoff gekauft hatte. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die vierte Generation
Das traditionsreiche Familienunternehmen Beyhoff steht an der Schwelle zu einem bedeutenden Umbruch im Jahr 2025. Eva Beyhoff-Weitenhöfer und ihr Ehemann Pierre Weitenhöfer übernehmen die Leitung des Bottroper Möbelhauses und bringen frischen Wind in das Unternehmen.
1898 gegründet, in einer Zeit, als Pferdekutschen noch das Straßenbild prägten, hatte das Bottroper Möbelhaus die Umwälzungen zweier Weltkriege, die Erschütterungen einer globalen Wirtschaftskrise und zuletzt die surreale Realität einer Pandemie überstanden.
Möbel Beyhoff wird zur Beyhoff Home Company
In einer Welt, die sich mit schwindelerregender Geschwindigkeit dreht, sieht sich das Unternehmen mit einer neuen Art von Herausforderung konfrontiert. Die digitale Revolution, ein unsichtbarer Gegner, der die Fundamente des traditionellen Handels untergräbt. Die Drohung von globalen Handelskriegen, wie ferne Donnerschläge am Horizont. Und der unerbittliche Druck der Giganten, jener Möbelhausketten, die wie Monolithen die Landschaft des Einzelhandels dominieren.
In dieser Realität trifft die Familie Beyhoff eine Entscheidung: Sie schließen sich mit dreißig familiengeführten Möbelhäusern in Deutschland zusammen. Unter dem Banner „Home Company“ – ein Name, der nach Geborgenheit klingt in einer Gesellschaft, die zunehmend unberechenbar wird – hoffen sie, gemeinsam stark genug zu sein, um den Stürmen der Zukunft zu trotzen. Es ist ein Schachzug, um in einer Welt der Algorithmen und Global Player, jene Werte zu bewahren, die das Fundament ihres Erfolgs sind: persönliche Beratung, ein Wohlfühl-Einkaufserlebnis und hochwertige Möbel zu fairen Preisen. „Finde dein perfektes Zuhause bei Freunden“, so die Philosophie der Home Company.
Einkaufen in der Friendzone
Hier stand ich nun und blickte auf eine Reihe von Relax- und Fernsehsesseln, die darauf warteten, von jemandem auserwählt zu werden. Ich musterte sie mit dem Blick eines Detektivs, der nach Hinweisen sucht – nur dass meine Hinweise diesmal Komfort und Stabilität waren. Mein Blick erfasste einen Sessel der Marke Stressless® in Leder Noblesse, der mich direkt ansprach: „Sit down, please!“
Ich nahm Platz und zog ein Buch mit Gedichten von Emily Dickinson hervor, in einer phänomenalen Übersetzung von Gunhild Kübler. Es war das letzte Buch, das ich in der legendären Bottroper Buchhandlung „Erlenkämper“ kurz vor ihrer Schließung erworben hatte. Mein Plan war es, mehrere Sessel auszuprobieren und zu fühlen, wie sie mit meinem Körper interagieren, während ich ein paar Gedichte lese.
Möbel dein Leben auf
Kaum hatte ich das Buch aufgeschlagen, näherte sich ein sympathischer Verkäufer mit geschickt kalkulierten Bewegungen.
„Sind Sie nicht…?“
„Genau!“, antwortete ich knapp.
„Hab ich’s mir doch gedacht.“
„Mhm“, brummte ich zurück.
„Kann ich Ihnen helfen?“
„Ich suche einen Sessel, der mehr aushält als meine Illusionen.“
„Da kann ich Sie beruhigen, unsere Möbelstücke haben den Banalitätstest alle bestanden“, antwortete der Verkäufer.
„Hab einen sehr schweren Knochenbau.“
„Der Sessel, auf dem Sie gerade sitzen, ist bis 150 Kilo belastbar.“
„Also noch Luft nach oben, gut zu wissen.“
„Und der Bezug ist sehr widerstandsfähig und pflegeleicht.“
„Wissen Sie, Kaufentscheidungen entwickeln sich bei mir oft über Wochen, gliedern sich in mehrere Phasen“, erwiderte ich.
„Und in welcher Phase sind Sie gerade, wenn ich fragen darf?“
„Eins! – Phase eins. Langsames Herantasten.“
„Verstehe“, der Verkäufer nickte.
„Wissen Sie, ich wollte eigentlich nur so ein oder zwei Stunden hier verweilen, ein wenig lesen und sehen, ob sich zu dem einen oder anderen Möbel eine Verbindung aufbaut.“
„Ich wohne in der Möglichkeit.“
„Wie meinen?“
Der Verkäufer zeigte auf mein Buch: „Emily Dickinson.“
„Ah, Sie kennen sich aus?“
„Wir haben in unsere Sesselabteilung häufiger Lesungen und Buchvorstellungen. Zuletzt in Kooperation mit der ‚Humboldt-Buchhandlung‘. Sind immer schnell ausgebucht, unsere Events. Soll ich Ihnen beim nächsten Mal einen Sessel reservieren?“
„Gerne.“
„Sie haben sicher bemerkt, dass sich bei uns ein paar Dinge geändert haben?“
„Beyhoff ist jetzt Orange und nicht mehr Türkis.“
„Stimmt. Neues Branding, neues Logo, neuer Webauftritt und neue Möglichkeiten. Der Zusammenschluss mit 30 anderen familiengeführten Möbelhäusern erhöht unsere Wettbewerbsfähigkeit.“
„Ja, ich bin jetzt in der ‚Friendzone‘.“
„Das waren Sie bei uns schon immer. Hat jetzt nur einen Slogan. Aber ich lasse Sie mal in Ruhe lesen. Wenn Sie Fragen haben…“
„Dann melde ich mich“ vollendete ich seinen Satz.
Der Verkäufer schenkte mit noch ein Lächeln und zog sich diskret zurück.
Veränderung – Der unsichtbare Begleiter
Veränderung ist die einzige Konstante in unserem Leben, dachte ich. Sie kommt leise und unaufhaltsam, wie eine sanfte Welle, die Ufer und Landschaften umformt. Manchmal spüren wir sie kaum, dann wieder trifft sie uns mit voller Wucht.
Bei Beyhoff bedeutete dies den Generationswechsel, die Digitalisierung und den Zusammenschluss mit anderen Familienbetrieben. Es geht nicht darum, Bewährtes zu zerstören, sondern es behutsam weiterzuentwickeln.
Persönlich erleben wir Veränderung als Wachstumsprozess. Wir lernen, lassen los, passen uns an. Jede Transformation birgt Chancen und Herausforderungen. Der Schlüssel liegt in der Haltung: Sehen wir Veränderung als Bedrohung oder als Möglichkeit? Veränderung ist keine Frage des Ob, sondern des Wie.
Der Sessel, in dem ich saß, umarmte mich sanft, fast zärtlich. Ich schmiegte mich an, schlug mein Buch mit den Gedichten von Emily Dickinson auf und las: „Wir wissen nicht, wie groß wir sind, bis sie uns zum Aufstehen zwingen. Und wenn wir es dann wirklich tun, wird unser Kopf durch die Wolken dringen.“
Udo Schucker
Beyhoff Home Company
Gladbecker Straße 130
46236 Bottrop
Tel.: 02041 18910
www.beyhoff.de
Lesen Sie dazu auch: »Ein Bett von Beyhoff«!
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