Totem, Farbe, Kohlenstaub

Wir sind vom gleichen Stoff, aus dem die Träume sind …

Mittwochabend. Ich schlendere durchs Death Valley des Bottroper Einzelhandels (Hansastraße) und sehe schon von weitem eine Menschenansammlung, die sich vor der Pop-up-Galerie tummelt. Die Gesellschaft wirkt in diesem Kontext wie eine Fata Morgana, ist aber keine. Es sind kunstinteressierte Bottroper Bürger und Bürgerinnen, die zur Eröffnung einer neuen Ausstellung in die Pop-up-Galerie gekommen sind. Eingeladen haben zu dieser Vernissage mit dem Titel „Totem, Farbe, Kohlenstaub“ die Künstlerinnen Angelika Schilling und Ulrike Int-Veen. Die beiden präsentieren bis zum 2. Juli 2023 in der Pop-up-Galerie Fotografien und Malereien.

Das Interesse ist groß. Die Galerie zeitweise überfüllt. Vorsorglich wurden draußen vor dem Eingang  Stehtische und Sitzbänke aufgestellt. Partystimmung. Es werden Sektflöten gereicht. Na, da greif ich doch gleich mal zu, Prösterchen! Die Stimmung ist ausgezeichnet, ich treffe mal wieder zahlreiche Bekannte. Bürgermeisterin Budge hält eine Rede. Applaus! Dann legen die Jungs von der Band „Greyhound“ los, spielen etwas von „Crosby, Stills, Nash & Young“. Ulrike Int-Veen stellt fest, dass wir uns noch aus der Kolpinghauszeit kennen. Jau, es dämmert. Forever young.

Trotz der Überfüllung gelingt es mir, mich den Kunstwerken zu nähern. Bei Ulrike Int-Veens Malereien muss ich spontan an William Shakespeares „Der Sturm“ denken. „Wir sind vom gleichen Stoff, aus dem die Träume sind …“ Als hätte ein Sturm zufällig Tiefseepigmente an den Strand unseres Bewusstseins gespült und dort zu Objekten oder Erinnerungen formatiert. Ich mache den „Rorschachtest“, erkenne sofort eine Libelle und viele andere Dinge. Die meist pastellfarbenen, feminin anmutenden Bilder verströmen eine sehr angenehme Energie. Schaut man sie länger an, bringen sie gar Verborgenes ans Licht. Überzeugen Sie sich selbst, besuchen Sie die Ausstellung. Als musikalische Begleitung dazu empfehle ich Vivaldis „Die vier Jahreszeiten, der Frühling“.

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Totems

Die Fotografien von Angelika Schilling zeigen die Installation „Totems“ des baskischen Malers und Bildhauers „Agustín Ibarrola“. Die Installation besteht aus über einhundert Eisenbahnschwellen und wurde im Jahre 2002 auf der Halde Haniel installiert. Angelika Schillings auf Alu-Dibond gedruckte großformatige Bilder bieten hier einen sehr schönen Kontrast zu den Werken von Ulrike Int-Veen. Frau Schillings Fotoarbeiten heben die mythische Dimension von Ibarrolas Objekten hervor. In ihren Bildern wirken die Hölzer wie alte knorrige Götter, die aus dem kollektiven Bewusstsein der Menschen verschwunden sind. Dazu verdammt, in Form von bemalten, alten Eisenbahnschwellen, von einer längst vergangenen Zeit zu träumen. Gemeinsam bilden Sie die Schwelle zu einer versunkenen Welt. Schauen Sie sich die Fotografien genau an, Sie werden mir zustimmen.

So, zum Abschluss noch ein Glas Sekt, dann geht’s ab nach Hause, den Artikel schreiben. Eine sehr gelungene Vernissage. Eine wirklich tolle Ausstellung, die Sie nicht verpassen sollten. Cheers!

Die Ausstellung läuft bis zum 2. Juli. Fotografien und Malereien von Angelika Schilling und Ulrike Int-Veen. Pop-up-Galerie, Hansastraße 17, Bottrop. Geöffnet jeweils mittwochs und samstags von 10 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung.

Fotos und Text: Udo Schucker