Opiol fürs Volk

Ist der Künstler Ralf Opiol Bottrops letzter Dadaist?

Dadadi­dadada

Ich mag die Werke von Kurt Schwitters oder Max Ernst, besonders deren Collagen. Überhaupt habe ich seit Kindertagen eine Schwäche für den ganzen surrealen und dadaistischen Kram. Leider wurden im Laufe der Jahre die Dadaisten von den Formalisten und ihren Abstraktionen weitgehend verdrängt. In Bottrop sind die Dadaisten seit den späten 1970er Jahren gar gänzlich ausgestorben. Während sich heutzutage bei jedem bedrohten Piepmatz eine Bürgerinitiative bildet, wird die gefährdete Spezies der Dadaisten von jedermann ignoriert. Nicht so von mir.

Deshalb ist es mir eine besondere Freude, Ihnen hier auf „wat gibbet“ ein paar Collagen des Bottroper Künstlers Ralf Opiol zu präsentieren, in denen sich der genetische Code jener Dadaisten wiederfindet, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Bevölkerung in Europa verunsichert haben. Wir wollen hier auch die Gelegenheit nutzen und Ralf Opiol, zumindest in unserem Online-Magazin, unter Art(en)schutz stellen. Also, wer Opiol in Zukunft am Ausbrüten neuer Ideen behindert, bekommt von uns eine Schmähschrift ;-)

Das Metathema seiner dadaistischen Collagen lautet: Warten

Ein paar flüchtige Gedanken, eingefangen, eingefroren und fragmentiert. Aufgetragen auf einem Blatt Papier. Ein paar Pinselstriche, eine paar Zeitungsausschnitte, ein paar Bleistiftstriche. Gemischt, geklebt, verwebt. Warten.

Wir warten aufs Christkind, auf Godot, auf die große Liebe, auf den Lottogewinn, auf bessere Zeiten und letztlich auf den Tod. In diesem Raum-Zeit-Gefüge, das sich Existenz nennt, blühen wir nur kurz auf, um dann gnadenlos zu verwelken. Wir sind am Anfang unseres Lebens hilflos in Windeln gewickelt und so auch am Ende. Wir versuchen der Sinnlosigkeit einen Sinn zu verpassen, auf Teufel komm raus. Gott bewahre unsere Illusionen und lass uns standhaft sein gegen die Leere in unseren Atomen.

Anzeige

Wir werden geboren, um zu sterben, und antworten darauf mit: Mein Haus, mein Mann, mein SUV, mein Pferd und meine missratenen Kinder. Camus ist längst tot, doch Sisyphos macht unermüdlich weiter. Wir werden zum Ouroboros, stellen uns in die Schlange für ein neues iPhone, wohl wissend, dass die Schlange sich selbst in den Schwanz beißt. Wir sehnen uns nach Grenzen, doch die Dummheit ist stets grenzenlos. Der Tod bleibt ein Meister aus Deutschland. Entrüstung ist inflationär. Aufrüstung dagegen visionär.

Okay, mein Gemüt hat heute mal einen dunklen Fleck, der erfüllt allerdings seinen Zweck. Ich will Sie aber nicht weiter belasten, während Sie auf Ihre Diagnose warten.

Udo Schucker

Lesen Sie dazu auch meinen Artikel: »APELL!ERE« – Der Künstler Ralf Opiol sendet einen Appell an den Verstand.