Michael Kaprol – das Auge

Ein ungewöhnlicher Blick auf einen der bekanntesten Bottroper Presse- und Werbefotografen

„Der elegante Herr dort rechts, bitte ein wenig näher an die Gruppe rücken! Ja, so ist gut. Und jetzt bitte alle in die Kamera schauen und lächeln!“ Klick. Klick. Klick. „Perfekt, vielen Dank!“

Fast 40 Jahre war der Presse-, Mode- und Werbefotograf Michael Kaprol als Fotoreporter für den „Bottroper Stadtspiegel“ unterwegs. Im Laufe seiner Karriere haben „Kappi“, wie er von seinen Fans genannt wird, unzählige Gesichter zugelächelt. Und bestimmt war Ihres auch mal dabei.

Keine Feier ohne Kappi – Rituale

Ob Stadtfest, Schlagerparty, Sportevent, Ausstellungseröffnung, Kulturevent, Jubiläum, Geschäftseröffnung oder Preisverleihung im Hühnerstall, Michael Kaprol war fast immer dabei. Und so manche Veranstaltung durfte erst beginnen, nachdem Kappi sein obligatorisches Pressefoto geschossen hat, oft im Duett mit der WAZ-Fotografin Birgit Schweizer. Doch zum Mitfeiern selbst blieb nur selten Zeit, Pressefotografie bedeute meistens Zeitdruck und eine kurze Deadline.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Fotos noch analog aufgenommen. Nach dem Fototermin vor Ort hieß es dann ab in die Dunkelkammer, hier musste das empfindliche Fotomaterial erstmal aufwendig entwickelt werden, bevor man überhaupt wusste, ob die Bilder gut geworden sind. Wer hier sein Handwerk nicht beherrschte, der konnte gleich einpacken. Für den diplomierten Fotodesigner Kaprol kein Problem, er hatte sein Handwerk schließlich von der Pike auf gelernt.

„Wer fotografiert, hat mehr vom Leben“, lautet ein alter Werbeslogan. Michael Kaprol hat dieses Motto schon früh beherzigt. Kappi und ich sind miteinander verwandt, der Grad der Verwandtschaft fällt mir gerade nicht ein. Bin mir aber sicher, wir baumeln nicht weit voneinander entfernt am Stammbaum. Ich kann mich daran erinnern, wie er schon als Kind auf Familienfeiern mir seinem Agfa-Fotoapparat, den er zur Kommunion bekommen hatte, herumgeknipst hat.

Der Blick durch den Sucher ermöglichte dem jungen Kaprol einen anderen Blick auf die Welt. Das Dunkle wurde ausgeblendet, das Schöne fokussiert. Hinter der Kamera war er irgendwie unsichtbar, das Fotografieren wurde zu eine Art Schutzschild und letztendlich zur Identität. Kappi ohne Knipse – kann man sich heute nicht mehr vorstellen.

Nach einer kurzen Phase der Orientierung, war es schließlich Ende 1979 die Begegnung mit dem Folkwang-Schüler und preisgekrönten Fotografen Karl Kraft, die Licht in den Raum der Möglichkeiten brachte. Der fünf Jahre ältere und kürzlich leider verstorbene Karl Kraft, der in Bottrop lange Zeit eine Werbeagentur betrieb, wurde zum Mentor und Freund. Es folgte ein Studium der Visuellen Kommunikation an der FH Dortmund mit dem Abschluss Diplom Fotodesigner.

„Ich habe mich während des Studiums extrem breit aufgestellt. Reportage, Mode, Architektur, Sach- und Produktfotografie … und, und, und … alles hab ich mitgenommen. Aber das Standbein war immer der Journalismus und das Spielbein immer die Modefotografie.“

1986 kam dann das Angebot vom Bottroper Stadtspiegel, als Pressefotograf zu arbeiten. Der Rest ist Geschichte.

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Mode, Macher, Models

Die 1990er Jahre waren sicherlich eines der kreativsten Jahrzehnte überhaupt. Multimedia wurde mehrmals zum Wort des Jahres gewählt und Startups schossen an allen Ecken aus dem Boden. Die Investoren standen teilweise Schlange und der Kreativität schienen keine Grenzen gesetzt. Die Aufbruchsstimmung war unglaublich, für kreative Köpfe war es in jener Zeit fast schon Pflicht, sich selbstständig zu machen. Und so gründete auch Michael Kaprol parallel zur seiner Arbeit als Fotojournalist beim Stadtspiegel gemeinsam mit dem Grafiker und Künstler Pitt Beckhoff eine Werbeagentur in Bottrop.
Übrigens, auch ich gründete damals mit ein paar Freunden eine Multimediaagentur.

Es lief gut, für die Werbeagentur Beckhoff & Kaprol. Coca-Cola konnte als Kunde gewonnen werden und für den ehemaligen Wattenscheider Steilmann Konzern wurden große Modeproduktionen realisiert. Michael Kaprol war angekommen, konnte seinen Traum leben, als Fotojournalist und Modefotograf.

Doch irgendwann platze die Neue-Medienblase der 1990er Jahre. Es kam zum Börsen-Crash. Zahlreiche Firmen verschwanden innerhalb kürzester Zeit von der Bildfläche. Konzerne froren ihre Werbeetats ein. Die Auftragsbücher blieben leer. Leute, die gestern noch in großen Agenturen als Kreativdirektoren Praktikantinnen herumscheuchen durften, versuchten nun als Handelsvertreter alten Damen Lebensversicherungen anzudrehen.

Der Fall war für einige sehr tief. Nicht jedoch für Michael Kaprol. Kappi war mittlerweile beim Stadtspiegel eine Institution und hatte sich auch als Werbefotograf einen gewissen Ruf erarbeitet, der sich schnell herumsprach. Es folgten etliche freiberufliche Produktionen für Handel und Industrie sowie Bildbände und Dokumentationen für die Stadt Bottrop.

„Durch Umstrukturierungen der Verlage hatte sich dann mein Job beim Stadtspiegel Ende 2022 leider erledigt – mit zwei weinenden Augen. Die menschlichen Begegnungen und auch die vielen tollen Kollegen und Kolleginnen sind mir doch sehr ans Herz gewachsen und werden fehlen.“

La Grande Bellezza

Wenn man das fotografische Werk von Michael Kaprol betrachtet, erkennt man eins sehr deutlich: Der Mann hat ein Herz für Bottrop. Auch an Orten, an denen man es nicht vermutet, zeigt Kappi uns die liebenswerten Gesichter dieser Stadt. Einer Stadt, die im Niedergang scheint und deren Tristesse an vielen Stellen in uns Melancholie gebiert. Nicht für Kappi. Sein 24 mm Objektiv strotzt weiterhin vor Optimismus. Für mich ist Michael Kaprol eine Art fotografierender Parzival, unermüdlich auf der Suche nach dem heiligen Gral. Ein zeitgenössischer Fotoschaffender, der uns die urbane Schönheit des Banalen offenbart. Schaut auf diese Stadt!

Udo Schucker

Fotos: © Michael Kaprol

Anmerkung:
An dieser Stelle sei mir eine sehr persönliche Anmerkung erlaubt. Die beste Silvesterparty, die ich je erlebt habe, fand in den Agenturräumen von Beckhoff & Kaprol statt. Unter dem Motto „Tanz der Vampire“ feierten damals rund 250 perfekt kostümierte Gäste einen grandiosen Jahreswechsel mit viel Biss. Ich war als Exorzist dabei. Danke, Jungs, für diese wunderbare Erinnerung.