Déjà-vu im Treppenhaus

„Kultur lebt nur dort, wo man mit ihr lebt.“ August Everding

Freitag, 5. Mai 2023, 19 Uhr. Ich öffne die schwere Pforte zum Kulturzentrum und steige empor in die heiligen Hallen der Kunst. Der Künstlerbund Bottrop e. V. eröffnet heute unter dem Titel „Déjà-vu“ in der Städtischen Galerie eine neue Ausstellung mit insgesamt 45 Werken.

Das Geschrei von Kindern und Jugendlichen hallt plötzlich durch meinen Kopf. Ich muss an all die Pennäler denken, die früher hier über die Flure rannten. Vor 50 Jahren hab ich meine ersten Filme hier in der ausverkauften Aula uraufgeführt. Der Bottroper Arno Beyer, später Intendant beim NDR, schrieb damals die erste Filmkritik für die Ruhr Nachrichten. Die vielen Ausstellungen, die der Künstlerbund im Laufe der Jahre hier organisiert hat, lösen sich aus der Abstellkammer meiner Erinnerungen. „Papier-Schrift-Zeichen“ schwebt an meinem inneren Auge vorbei, eine Ausstellung zur Eröffnung der neuen Stadtbücherei 1995. Die Eröffnungs-Performance mit der Dampfwalze – grandios, unvergessen.

Voller Flur

Die Vernissage der Ausstellung „Déjà-vu“ ist sehr gut besucht. Viele Bekannte, die ich lange nicht gesehen habe. Die meisten sind etwas angegraut, wie ich selbst, die kreative Energie ist jedoch ungebrochen. Wir plaudern über Krankheiten, Restaurant-Eröffnungen und neue Projekte. Musikalisch exzellent begleitet von Noah Dybowski und Karl Urban. Dazu ein Glas Weißwein und zwei Canapés, ein optimaler Einstieg in die Freitagnacht.

Kurzweilige Ansprache

Keine Vernissage ohne Vortrag. Kulturamtsleiterin Martina Schilling-Graef begrüßt in einer pointierten Rede die Gäste und reicht den Stab dann weiter an die Kulturausschussvorsitzende der Stadt Bottrop, Andrea Swoboda, die das begeisterte Publikum dazu einlädt, eine ausdrucksstarke Facette des Bottroper Kulturlebens zu bestaunen. Woraufhin Irmelin Sansen, Vorsitzende des Künstlerbundes Bottrop e. V., das Büfett eröffnet. Kräftiger Applaus!

Vier Jahrzehnte Werkschau

Insgesamt präsentieren 18 regional bekannte Künstler und Künstlerinnen des Künstlerbundes Bottrop e. V. ihre Werke, darunter Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Fotografien. Eine interessante Reise durch ein breites Spektrum künstlerischen Schaffens aus mehreren Jahrzehnten.

Sic transit gloria mundi

Ein Hauch von Wehmut keimt auf. Kommen wir nun zum kürzlich verstorbenen Karl Kraft. Ihm zu Ehren wird eine Bilderstraße mit 14 großartigen Fotografien gezeigt. In den letzten Jahren hatte ich zwar keinen Kontakt mehr zu Karl, wir kannten uns aber seit Mitte der 1970er Jahre. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Karl, Biby Wintjes und ich in den 70ern im Literarischen Büro auf der Böckenhoffstraße 7 hockten, Rotwein tranken, Joints rauchten und nächtelang über Gott und die Wissenschaft diskutierten. Bohemian Rhapsody. „Nicht das Leben macht uns fertig, es sind die Tage, die dazwischen liegen“, hat mir mal jemand gesagt, dessen Name mir gerade nicht einfällt.

Ich treffe Nolin Wischermann: „Im Kino-Café nebenan ist heute Party, gut was los, geh mal rüber.“ Danke für den Tipp. Ich verabschiede mich kurz und verlasse das ehemalige Lyzeum. Die Nacht ist jung!

Alles in allem eine sehr gelungene Vernissage und eine klasse Ausstellung. Unser Tipp: Gehen Sie erst in die Kunstausstellung und anschließend vielleicht mal auf einen Drink ins neue Kino-Café direkt nebenan. Unterstützt wurde die Ausstellung übrigens von der Sparkasse Bottrop, ohne deren Engagement viele Kunstprojekte in Bottrop vermutlich gar nicht mehr möglich wären.

Die Ausstellung läuft bis zum 3. Juni im Kulturzentrum August Everding, Blumenstraße 12 – 14. Öffnungszeiten der Städtischen Galerie im Kulturzentrum: Montag bis Freitag von 9 bis 20 Uhr, samstags bis 12 Uhr.

Text und Fotos: Udo Schucker