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Endstation Sehnsucht

125 Jahre ÖPNV – Mit Straßen­bahnen und Omnibussen durch Bottrop. Tolle Ausstellung im August-Everding-Kulturzentrum

„A Streetcar Named Desire“, bei dem Wort Straßenbahn muss ich sofort an das Theaterstück von Tennessee Williams denken. Das Stück wurde zufällig in jenem Jahr in der alten Schauburg gespielt, als die letzte Tram durch Bottrop fuhr. 

„Klingelbim, da kommt die Straßenbahn. Steig ein du kleiner Hosenmatz und such‘ dir einen Fensterplatz.“ Als Kind hab ich noch erlebt, wie die Straßenbahn durch die schmale Hochstraße ratterte und die Passanten, aufgeschreckt vom schrillen Klingelton, zur Seite sprangen. Bin oft mitgefahren, nach Sterkrade oder Essen Borbeck.

Im November 1976 fuhr dann zum letzten Mal eine Straßenbahnlinie durch Bottrops Straßen. Angefangen hat’s am 21. Februar 1899, als die erste Essener Straßenbahn nach Bottrop fuhr. Zum Jubiläum präsentieren Stadtarchivarin Heike Biskup und ihr Team im August Everding-Kulturzentrum eine Ausstellung, die die Entwicklung des ÖPNV in Bottrop auf großformatigen Plakaten chronologisch aufzeigt.

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Zusammengestellt wurde die Ausstellung von Klaus Giesen, einem Experten für die Geschichte von Straßenbahnen und Busverbindungen. Giesen, Autor mehrerer Bücher zum Thema, hat sein Wissen über die Verkehrsgesellschaften des mittleren Ruhrgebiets in die Ausstellung eingebracht. Die Vestische Straßenbahn GmbH hat den ÖPNV in Bottrop maßgeblich geprägt, und zahlreiche Exponate aus dem Fundus von Straßenbahn- und Bus-Fans sind in Vitrinen ausgestellt. Fahrpläne, Schilder und Geldwechselautomaten lassen den Alltag vergangener Jahrzehnte wieder lebendig werden.

Die Ausstellung beleuchtet auch die Ergänzung des Straßenbahnnetzes durch Linienbusse ab den 1920er Jahren bis heute, darunter auch Busse mit elektrischem und Wasserstoffantrieb. Ein weiteres Thema ist der Brand des Bottroper Betriebshofs vor über zwölf Jahren. Giesen erläutert die geschichtlichen Meilensteine beim Streckenausbau, von den Anfängen, die Arbeiter zu den Zechen zu bringen, bis zu den Herausforderungen nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wachstum des Individualverkehrs in den 1960er Jahren.

Der Ausbau des ÖPNV wurde jedoch durch überschneidende Zuständigkeiten und widersprüchliche Planungen behindert. Giesen betont die frustrierende „Kirchturmpolitik“ mit konkurrierenden Interessen der Bezirksregierungen, Kommunen und Verkehrsbetriebe. Trotzdem sieht er Chancen für ein Straßenbahn-Comeback in Bottrop, inspiriert von Beispielen wie in Essen.

Die Ausstellung „125 Jahre ÖPNV – Mit Straßenbahnen und Omnibussen durch Bottrop“ ist bis zum 13. April im Bottroper August-Everding-Kulturzentrum zu sehen.