Operation Rathausschänke
Die Bottroper Rathausschänke liefert schon seit Jahren immer mal wieder Schlagzeilen. Fernsehköche und TV-Restaurantretter bissen sich hier schon die Zähne aus. Dazu ein seit Jahren schwelender Streit mit einem vom Lärm genervten Nachbarn, gepaart mit einem katastrophalen Marketing. Dabei ist die Rathausschänke seit 1916 ein Wahrzeichen der Stadt, ein Eckpfeiler des Rathausviertels. Und ein markanter Punkt in der Bottroper Kneipenlandschaft, den man erhalten sollte.
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Das dachte sich auch Gregor Schaefers, ein lokaler Unternehmer und Mitbegründer von „Bottroper Bier“, und rief eine Initiative ins Leben zur Gründung einer Genossenschaft mit dem Ziel der Wiederbelebung der Rathausschänke, auch als Vorbild für zukünftige Projekte. Nun nimmt dieses gemeinschaftliche Projekt langsam Gestalt an.
Am Donnerstag, dem 28. November 2024, bin ich der Einladung von Gregor Schaefers gefolgt und besuchte das erste Treffen zur Gründung einer Bürgergenossenschaft für den Weiterbetrieb der Bottroper Rathausschänke. Insgesamt sind es bisher an die 70 Bürger und Bürgerinnen, die der Genossenschaft beitreten wollen, circa 40 Personen waren anwesend, und alle waren hoch motiviert.
Ich gebe zu, dass ich dem Projekt eher skeptisch gegenüberstehe. Was mich dennoch hoffen lässt, ist die geballte Kompetenz, die an diesem Abend anwesend war. Erfahrene Unternehmer, Kochprofis, Bierbrauer, Vertreter der studentischen Fachschaft der HRW und Bottrops Gastronomielegende Reimbern von Wedel-Parlow, der ebenfalls angeboten hat, dem Projekt beratend zur Seite zu stehen.
Als es um die Frage ging, wer von den Anwesenden sich aktiv einbringen und auch der Genossenschaft beitreten würde, hoben alle voller Enthusiasmus die Hand. Na ja, bis auf meine Wenigkeit, aber ich bin auch nur der Chronist und Erzähler dieser Geschichte.
Was ist mit dem gestressten Nachbarn und seinen vielleicht 400 Meldungen beim Ordnungsamt?
Eine Frage, die viele der Anwesenden stellten. Gregor Schaefers hat hier direkt den Dialog mit besagtem Herrn gesucht und würde ihn gerne mit in die Planungen einbinden. Und so wie ich es verstanden habe, ist der besagte Nachbar nicht abgeneigt und würde auch gerne mal ein Bier in der Rathausschänke trinken.
Ich wohne selbst am Rathausplatz, fühle mich in der Regel aber nicht von der Lebendigkeit des Platzes belästigt, im Gegenteil. Mit einer Ausnahme: In lauen Sommernächten hocken manchmal die Schützen- oder Kegelbrüder draußen und brüllen wie frisch kastrierte Ochsen bei jeder Runde mehrmals hintereinander „Gut Holz …“ oder Ähnliches. Die Resonanzfrequenz ist dabei so gewaltig, dass sich sogar die Pfannen vom Rathausdach lockern. Und die Runden kommen hier im Minutentakt. Gut für die Wirtschaft, nervig für die Nachbarn. Hier könnte man die Tonlage vielleicht auf einen sanften Mezzosopran abändern ;-)
Das Grummeln der Gastronomen
Einige Wirte aus der Nachbarschaft haben schon Bedenken angemeldet, fürchten eine Wettbewerbsverzerrung, das Kopieren von Konzepten oder gar Bier zu Dumpingpreisen. Das Thema kam auf dem Treffen ebenfalls zur Sprache. Für die zukünftigen Genossen und Genossinnen der Genossenschaft steht fest, dass es hier nicht zu einer Verzerrung der Gastronomieszene kommen darf. Und dass der klassische Wirt als solcher eine bedrohte Art ist, die es zu schützen gilt.
Operation Rathausschänke
Am 9. November 2024 öffnete die Rathausschänke bereits ihre Türen zur Kneipennacht. Besucher konnten sich nicht nur am Getränkeangebot erfreuen, sondern auch über die geplante Genossenschaft informieren. Schaefers erhielt auch die notwendigen Genehmigungen, während des Weihnachtsmarktes zu öffnen, und unterzeichnete Verträge, die den Weg für einen Neuanfang ebnen.
Die Vision geht über den reinen Kneipenbetrieb hinaus. Geplant ist eine Kulturkneipe, die Lesungen und Workshops beherbergen soll. Dieses Konzept zielt darauf ab, die Rathausschänke zu einem vielseitigen Zentrum des sozialen und kulturellen Austauschs zu machen.
Das Genossenschaftsmodell verteilt Risiken und Verantwortung auf viele Schultern. Es ermöglicht Bürgern, sich aktiv an der Gestaltung und dem Betrieb ihrer Lieblingskneipe zu beteiligen. Schaefers betont die Bedeutung der Zusammenarbeit auf Augenhöhe und die Flexibilität für Mitglieder, sich nach ihren Möglichkeiten einzubringen.
Die nächsten Schritte umfassen die detaillierte Ausarbeitung eines Businessplans sowie die offizielle Gründung der Genossenschaft und die angestrebte dauerhafte Wiedereröffnung der Rathausschänke.
Diese Initiative markiert einen wichtigen Schritt zur Erhaltung der lokalen Kneipenkultur und zur Stärkung des Gemeinschaftssinns in Bottrop. Sie könnte zeigen, wie bürgerschaftliches Engagement traditionelle Einrichtungen in eine neue Ära führen kann.
Überlebenschancen – Operation gelungen, Patient tot?
Ob die Operation gelingt, hängt sicherlich von mehreren Faktoren ab, auch davon, wie viele Genossen und Genossinnen im Endeffekt am Patienten Rathausschänke herumdoktern werden. Findet man hier schnell eine klare Linie mit überzeugenden Koordinaten zur Orientierung? Oder werden einige nur wieder ihr eigenes Süppchen kochen?
Die Chancen stehen eigentlich nicht schlecht
Die Figuren sind gut aufgestellt. Reichlich Kompetenz ist vorhanden. Jetzt kommt es auf die nächsten Schachzüge an. Ich drücke mal fest die Daumen, dass die Operation gelingt und uns die Rathausschänke noch lange erhalten bleibt. Ich betrachte das Ganze aber auch aus soziologischer Sicht als gruppendynamisches Experiment. Es bleibt spannend und ich freue mich auf die nächsten Veranstaltungen in der Bottroper Traditionskneipe.
Text und Fotos: Udo Schucker
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