Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets
Sonderausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr Museum. 1909: erste Filmvorführungen in Bottrop
Seit dem 29. Juni 2024 entführt die Sonderausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr Museum auf Zollverein in Essen auf eine faszinierende Reise durch die bewegte Geschichte des Kinos und Films im Ruhrgebiet. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Essener Filmstudios „Glückauf“, beleuchtet die Ausstellung die vielfältigen Facetten der Kinokultur in der Region und zeigt, wie eng diese mit der Identität und dem Wandel des Ruhrgebiets verbunden sind.
Bottroper Kinogeschichte
Die Ausstellung beginnt mit den Anfängen des Kinos im Ruhrgebiet im späten 19. Jahrhundert. Damals waren Filmvorführungen noch eine Neuheit und sorgten für großes Aufsehen. Einer der Kino-Pioniere im Ruhrgebiet war der Bottroper Gastronom Theodor Beulmann. Mit seinem „Bottroper Welt-Theater“ war er einer der ersten, der in Gasthäusern und Kneipen Filme vorführte.
Aber Beulmann war auch „Filmproduzent“. Beim Abriss der „Restauration zum Gambrinus“ an der unteren Hochstraße in Bottrop fand man in den 1970er Jahren den ältesten Film über Bottrop aus dem Jahr 1913. Zum Glück konnte der Zelluloidstreifen gerettet und restauriert werden.
Fuhrleute & Kutscher-Verein „Einigkeit“ Bottrop 1913
Erstes Kino in Bottrop und Blütezeit im Ruhrgebiet
Laut dem Buch „Film ab in Bottrop“ von Wilfried Krix fand die erste öffentliche Filmvorführung in Bottrop am 28. Dezember 1909 im Saal der Gastwirtschaft „Zur deutschen Eiche“ statt. Gezeigt wurde der Stummfilm „Die Kreuzigung Christi“.
Schnell etablierten sich Kinos als beliebte Freizeiteinrichtungen im gesamten Ruhrpott. Filme boten den Menschen nach der harten Arbeit in den Bergwerken und Fabriken Unterhaltung und die Flucht vor der rauen Wirklichkeit.
In den 1920er- und 1930er-Jahren erlebte das Kino im Ruhrgebiet seine Blütezeit. Zahlreiche neue Kinos wurden eröffnet, und die Filmproduktion in der Region nahm zu. Neben Unterhaltungsfilmen entstanden auch Dokumentarfilme, die das Leben und Arbeiten im Ruhrgebiet auf eindrucksvolle Weise porträtierten.
Propaganda im Nationalsozialismus
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Kino für Propagandazwecke missbraucht. Filme sollten die Ideologie des NS-Regimes verbreiten und die Bevölkerung für den Krieg mobilisieren.
Wiederaufbau und Wirtschaftswunder
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Kino im Ruhrgebiet in Trümmern. Doch schon bald begann der Wiederaufbau. Mit dem Wirtschaftswunder erlebte auch das Kino einen neuen Aufschwung. Neue Kinopaläste entstanden, und die Filmindustrie boomte.
Strukturwandel und Multiplexkino
In den 1960er und 1970er Jahren kam es durch den Strukturwandel und dem Siegeszug des Farbfernsehapparates im Ruhrgebiet zu einem Rückgang der Besucherzahlen in den Kinos. Viele traditionelle Kinos mussten schließen oder wurden in Supermärkte umgewandelt. Auch der Versuch, mit Multiplexkinos die Kinolandschaft am Leben zu erhalten, scheiterte. In den meisten Vorführsälen wurde es zappenduster.
Heutige Kinolandschaft und Perspektiven
In den letzten Jahren hat sich die Kinolandschaft im Ruhrgebiet erneut gewandelt. Viele Kinos wurden renoviert und modernisiert. Neben Blockbustern und Mainstreamfilmen finden auch Independentfilme und Dokumentarfilme wieder mehr Zuspruch. Es ist so etwas wie eine Kinonostalgie entstanden. Doch machen wir uns nichts vor, die große Zeit des Kinos ist vorbei.
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ zeigt, dass das Kino im Ruhrgebiet eine lange und traditionsreiche Geschichte hat. Es ist ein Spiegelbild der Region und ihrer Menschen. Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Januar 2025 im Ruhr Museum auf Zollverein zu sehen.
Begleitprogramm
Zur Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ bietet das Ruhr Museum ein vielfältiges Begleitprogramm mit Filmvorführungen, Vorträgen und Workshops. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Ruhr Museums: https://ruhrmuseum.de/
Informationen zur Ausstellung: https://ruhrmuseum.de/ausstellungen/vorschau/glueckauf-film-ab-kino-und-filmgeschichte-des-ruhrgebiets
Filmstudio Glückauf: https://filmspiegel-essen.de/kinos/filmstudio-glueckauf/
Ruhr Museum in der Kohlenwäsche
UNESCO-Welterbe Zollverein
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
Öffnungszeiten
Mo. bis So.: 10 bis 18 Uhr
Am 24., 25. und 31.12. geschlossen
Eintritt: 10 €, ermäßigt 7 €
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schülerinnen, Schüler und Studierende unter 25 Jahren: Eintritt frei
Dank an Paul Hofmann und Ferdinand Fries für den restaurieren Bottrop-Film von 1913.
Filmtipp: »Wie immer« ein preisgekrönter Ruhrpott-Kurzspielfilm, gedreht in Bottrop.
Udo Schucker