Als es in der Schauburg „Zappenduster“ wurde

Von Friedhelm Wessel

„Zappenduster“ – sagt man umgangssprachlich im Revier, wenn etwas endgültig, unwiederbringlich zu Ende geht. Ende und Aus. So kam 1987 eine Gruppe Kulturinteressierter auf die Idee, das letzte Bottroper Kino – die altehrwürdige Schauburg – mit einer mehrstündigen Veranstaltung zu „verabschieden.“ Das Organisationstrio, bestehend aus Werner Boschmann, Markus Günther und Alfons Winterseel, nannte das szenische Kulturspektakel liebevoll „Zappenduster – vom Tod eines Reviertheaters“.

Prominente wie Werner Schneyder, Tana Schanzara, Elke Heidenreich und Dietmar Schönherr sollten dabei helfen. Doch sie winkten ab: keine Zeit. Auch der aus Bottrop stammende damalige Chef der bayrischen Staatstheater erhielt eine Einladung. Everding, immerhin Ehrenbürger der Stadt, übersandte nur eine Grußbotschaft. Trotzdem war der Kinosaal an diesem 2. April 1987 bis auf den letzten Platz gefüllt.

800 Gäste verfolgten das Bühnenspektakel, das von heimischen Laiendarstellern, Mitgliedern der Theater Essen und Recklinghausen und vielen Helfern unentgeltlich auf die Bühne des 1920 erbauten Lichtspieltheaters dargeboten wurde.

Die Schauburg gehörte mit über 1100 Sitzplätzen einst zu den größten Kinos des Reviers. Die Bottroper Kinogeschichte begann erst um 1920. Damals öffnete das Welt-Theater aber nur am Wochenende. 300 Filmfreunde fanden hier einen Sitzplatz.

Nach 1945 strömten die Bottroper wieder in ihre Kinos. Vor 75 Jahren lockten so Filme wie „Ist das Leben nicht schön“, Tarzan wird gejagt“ oder „Quax in Afrika“  die Besucher scharenweise in die Kinos. In der Hochzeit der Kinos in den 1950er-Jahren konnten die Bottroper zwischen elf Lichtspieltheatern wählen. So eröffnete das Corso an der Lindhorststraße erst 1952. Zuvor hatte der Saal, der zur damaligen Gaststätte Jacobsmeier gehörte, schon als Notkirche oder zur Aufnahme von Kriegsgefangenen gedient. Der Kinostart erfolgte hier am 31. Oktober 1952 mit dem Streifen „Hinter Klostermauern“. Bereits sieben Jahre später kam das Aus für das Fuhlenbrocker Vorortkino, – die Ära des Fernsehens hatte inzwischen begonnen.

Eng verbunden mit der Bottroper Kinogeschichte ist die Schauburg. Alles begann hier mit einem hölzernen Saal, in dem das Theater Königsfeld beheimat war. Ab 1926 wird jedoch die neue Schauburg mit dem Stück „Figaros Hochzeit“ eingeweiht. Dieses Lichtspieltheater Aber schon 1916 wird das „Bottroper Welt-Theater“ im Gambrinus übergangsweise zum Treffpunkt der jungen Cineastenszene in der Stadtmitte.

1987 bahnte sich dann das Aus für die Schauburg an, die zuletzt zum Kino-Imperium von Franz Röder aus Oberhausen gehörte. Hier sollte Platz geschaffen werden für ein modernes Textilkaufhaus. Das mehrstündige Spektakel „Zappenduster“ endete am 2. April 1987 um 24 Uhr mit einem Bauschuttregen auf der Bühne und dem Satz: „Kein Mensch in dieser Stadt weiß mehr, wo das Theater ist.“ Ein paar Stunden später begann bereits der Abriss des Gebäudes. Zuvor hatten findige Bottroper jedoch etliche Stühle der Schauburg ausgebaut. Sie dienen auch heute noch den Besuchern des Bottroper Filmforums und des Kammermusiksaals als Sitzgelegenheiten.